HARMONIE AM ARBEITSPLATZ

Erkennen und Ansprechen der Auswirkungen von Diskriminierung und Stigmatisierung auf das Wohlbefinden von LGBTQIA+ Personen

Diskriminierung und Stigmatisierung haben nach wie vor tiefgreifende Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit von LGBTQIA+-Personen und prägen ihre täglichen Erfahrungen in einer Weise, die zu schwerwiegenden, langfristigen Folgen führen kann

Psychische Gesundheit und Diskriminierung: Einblicke aus europäischen Studien

Eine umfassende Studie, die von der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) im Jahr 2020 durchgeführt wurde, gibt einen umfassenden Überblick über die Diskriminierung von LGBTQ+-Personen in Europa. Die Studie, für die mehr als 140 000 LGBTQ+-Personen aus allen 27 EU-Mitgliedstaaten sowie aus dem Vereinigten Königreich, Nordmazedonien und Serbien befragt wurden, ergab, dass fast 60% der Befragten im Jahr vor der Umfrage Diskriminierung oder Belästigung erlebt hatten. Die Studie zeigte auch, dass LGBTQ+-Personen insbesondere in osteuropäischen Ländern im Vergleich zu ihren Kollegen in Westeuropa häufiger diskriminiert wurden (FRA, 2020).

In der FRA-Umfrage wurden auch die Auswirkungen dieser Diskriminierung auf die psychische Gesundheit hervorgehoben. Ein erheblicher Teil der Befragten berichtete über ein hohes Maß an Ängsten und Depressionen, wobei jüngere LGBTQ+-Personen (im Alter von 15-24 Jahren) besonders gefährdet waren. Dies deckt sich mit den Ergebnissen einer norwegischen Studie, wonach LGBTQ+-Jugendliche dreimal häufiger psychische Probleme haben als ihre heterosexuellen Altersgenossen (Myhre & Dalen, 2017).

Körperliche Gesundheit und Wohlbefinden

Ungleichheiten bei der körperlichen Gesundheit von LGBTQ+-Personen in Europa wurden ebenfalls dokumentiert. Die European Men-Who-Have-Sex-With-Men Internet Survey (EMIS), bei der über 180.000 Teilnehmer aus 50 europäischen Ländern befragt wurden, ergab, dass schwule und bisexuelle Männer ein höheres Risiko für bestimmte körperliche Gesundheitsprobleme haben, darunter sexuell übertragbare Infektionen (STIs) und Drogenmissbrauch (EMIS, 2017). Diese Gesundheitsrisiken werden häufig durch die gesellschaftliche Stigmatisierung verschärft, die dazu führen kann, dass Gesundheitsdienste gemieden werden und die psychische Gesundheit leidet, was das körperliche Wohlbefinden weiter verschlechtert.

Darüber hinaus ergab eine Studie aus Schweden, dass LGBTQ+-Personen mit größerer Wahrscheinlichkeit chronische Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufweisen, insbesondere wenn sie ein hohes Maß an Diskriminierung erfahren haben (Fredriksen-Goldsen et al., 2014). Dies spiegelt die allgemeine Tendenz in ganz Europa wider, wo Diskriminierung sowohl mit schlechteren psychischen als auch physischen Gesundheitsergebnissen verbunden ist.

Diskriminierung am Arbeitsplatz in Europa

Diskriminierung am Arbeitsplatz ist nach wie vor ein großes Problem in ganz Europa und beeinträchtigt die wirtschaftliche Stabilität und die psychische Gesundheit von LGBTQ+-Personen. Eine Studie der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2019 ergab, dass sich 21% der LGBTQ+ Menschen in der EU am Arbeitsplatz oder bei der Arbeitssuche diskriminiert fühlen. Diese Zahl steigt in einigen Ländern deutlich an, wobei 30% der LGBTQ+ Personen in Polen und Ungarn über Diskriminierung am Arbeitsplatz berichten (Europäische Kommission, 2019).

Die psychologischen Auswirkungen einer solchen Diskriminierung am Arbeitsplatz sind tiefgreifend. Studien aus den Niederlanden und Frankreich haben gezeigt, dass LGBTQ+-Beschäftigte, die am Arbeitsplatz diskriminiert werden, eher unter Angstzuständen, Depressionen und Burnout leiden, was zu einer geringeren Arbeitszufriedenheit und Produktivität führen kann (Veldman, 2017; Dewaele et al., 2018).

Rechtliche und soziale Unterstützungsmechanismen

Das Vorhandensein (oder Fehlen) von rechtlichem Schutz und sozialen Unterstützungsmechanismen beeinflusst die Erfahrungen von LGBTQ+-Personen in ganz Europa erheblich. In Ländern mit starkem gesetzlichen Schutz, wie Spanien und den Niederlanden, berichten LGBTQ+-Personen über ein geringeres Maß an Diskriminierung und bessere Ergebnisse bei der psychischen Gesundheit. Umgekehrt sind LGBTQ+-Personen in Ländern mit schwächerem Schutz, wie Bulgarien und Rumänien, mit einem höheren Maß an Stigmatisierung konfrontiert, was zu schlechteren psychischen und physischen Gesundheitsergebnissen führt (ILGA-Europe, 2021).

Doch selbst in fortschrittlicheren Ländern führt die Existenz von gesetzlichen Schutzmaßnahmen nicht immer zu sozialer Akzeptanz. So haben Untersuchungen in Dänemark ergeben, dass viele LGBTQ+-Personen trotz eines starken gesetzlichen Schutzes immer noch Mikroaggressionen und subtile Formen der Diskriminierung erleben, die zu chronischem Stress und psychischen Problemen beitragen (Andersen & Hellesund, 2018).

Bildung und Mobbing

Der Bildungssektor ist ein weiterer Bereich, in dem LGBTQ+-Personen erheblicher Diskriminierung und Stigmatisierung ausgesetzt sind. Eine in Deutschland durchgeführte Studie ergab, dass mehr als 60% der LGBTQ+-Schüler Mobbing aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität erlebt haben, was sich langfristig auf ihre psychische Gesundheit auswirkt, einschließlich erhöhter Raten von Depression und Angstzuständen (Steffens & Viladot, 2019). In ähnlicher Weise unterstreicht eine Studie aus Italien, dass LGBTQ+-Schüler, die Mobbing ausgesetzt sind, sich mit größerer Wahrscheinlichkeit von der Schule abwenden und schlechtere schulische Leistungen erbringen, was zu geringeren Chancen im späteren Leben führt (Ghini, 2020).

Bewältigungsstrategien: Unterstützung finden und Selbstfürsorge üben

Unterstützung finden: Eine der effektivsten Möglichkeiten, mit den Auswirkungen von Diskriminierung und Stigmatisierung umzugehen, ist die Suche nach unterstützenden Netzwerken. Dazu können Gespräche mit vertrauten Freunden, Familienmitgliedern oder Fachleuten für psychische Gesundheit gehören, die Verständnis und Bestätigung bieten können. LGBTQ+-Selbsthilfegruppen bieten einen Raum, in dem sich Menschen mit anderen austauschen können, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, und bieten sowohl emotionale Unterstützung als auch praktische Ratschläge.

Selbstfürsorge praktizieren: Selbstfürsorge ist entscheidend für die Bewältigung der Auswirkungen von Diskriminierung und Stigmatisierung. Aktivitäten, die Entspannung, Stressabbau und emotionales Wohlbefinden fördern, können die negativen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit abmildern. Einige wirksame Selbstfürsorgestrategien sind:

  • Übung: Regelmäßige körperliche Aktivitäten wie Joggen, Yoga oder Schwimmen können die Stimmung verbessern und den Stresspegel senken. Bewegung hat auch positive Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit. So wird das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bestimmten Krebsarten verringert.
  • Achtsamkeit und Meditation: Es hat sich gezeigt, dass diese Praktiken Angst und Stress reduzieren, die Immunfunktion verbessern und das Risiko chronischer Krankheiten verringern. Tägliche Achtsamkeitsübungen oder Meditation können ein wirksames Mittel sein, um die emotionale Belastung durch Diskriminierung zu bewältigen.
  • Kreativer Ausdruck: Kreative Tätigkeiten wie Malen, Schreiben oder Musik können dabei helfen, Emotionen zu verarbeiten und ein Gefühl der Kontrolle und Handlungsfähigkeit wiederzuerlangen.
  • Soziale Kontakte: Die Aufrechterhaltung sozialer Bindungen ist für die psychische Gesundheit von entscheidender Bedeutung. Aktivitäten mit Freunden und Familie, wie gemeinsame Mahlzeiten oder Ausflüge, können Trost spenden und das Gefühl der Isolation verringern.

Es ist wichtig zu beachten, dass Selbstfürsorge nicht universell ist; was für eine Person funktioniert, ist für eine andere möglicherweise nicht effektiv. LGBTQ+-Personen sollten verschiedene Selbstfürsorgeaktivitäten ausprobieren, um herauszufinden, was ihre psychische und physische Gesundheit am besten unterstützt.

Anwaltschaft und professionelle Unterstützung

Für den Wandel eintreten: Advocacy kann ein Weg sein, um mit den Auswirkungen von Diskriminierung und Stigmatisierung umzugehen. Aktivistisches Engagement oder die Aufklärung anderer über die Schäden von Diskriminierung kann ein integrativeres Umfeld schaffen. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass aktives Engagement die psychische Gesundheit von LGBTQ+-Personen verbessern kann, indem es ihnen ein Gefühl von Sinn und Gemeinschaft vermittelt.

Suche nach professioneller Unterstützung: Für diejenigen, die mit den Auswirkungen von Diskriminierung zu kämpfen haben, kann die professionelle Unterstützung durch einen Anbieter psychischer Gesundheit von unschätzbarem Wert sein. Therapeuten, die Erfahrung mit LGBTQ+-Themen haben, können gezielte Strategien zum Aufbau von Resilienz und zur Stressbewältigung anbieten.

Referenzen

Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA). (2020). Ein langer Weg bis zur LGBTI-Gleichstellung.

Myhre, M., & Dalen, M. (2017). Mental health disparities among LGBT youth in Norway. Journal of Adolescence.

European Men-Who-Have-Sex-With-Men Internet Survey (EMIS). (2017). Die wichtigsten Ergebnisse der europäischen MSM-Internet-Umfrage.

Fredriksen-Goldsen, K. I., et al. (2014). Ungleichheiten bei der körperlichen Gesundheit unter sexuellen Minderheiten: Evidence from Sweden. Sozialwissenschaft und Medizin.

Europäische Kommission. (2019). Diskriminierung in der EU: Bericht 2019.

Veldman, J. (2017). Die Auswirkungen von Diskriminierung am Arbeitsplatz auf LGBTQ+ Arbeitnehmer in den Niederlanden. Zeitschrift für Gesundheitspsychologie am Arbeitsplatz.

Dewaele, A., et al. (2018). Diskriminierung am Arbeitsplatz und ihre Auswirkungen auf die psychische Gesundheit von LGBTQ+-Beschäftigten in Frankreich. Internationale Zeitschrift für Umweltforschung und öffentliche Gesundheit.

Steffens, M., & Viladot, M. A. (2019). LGBTQ+ Mobbing an deutschen Schulen und seine Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. Psychologie an den Schulen.

Ghini, A. (2020). Schulisches Mobbing von LGBTQ+-Schülern in Italien: Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und die schulische Leistung. Italienische Zeitschrift für Bildungssoziologie.

ILGA-Europa. (2021). Jährliche Überprüfung der Menschenrechtssituation von LGBTI-Personen in Europa.

Andersen, A. S., & Hellesund, T. (2018). Mikroaggressionen und die psychische Gesundheit von LGBTQ+ Menschen in Dänemark. Nordische Psychologie.

WEITERE RESSOURCEN

Dieses Projekt wurde im Rahmen des Erasmus+ Programms der Europäischen Union (Projekt Nr. 2022-3-DE04-KA210-YOU-000099662) finanziert.Projekt N.  2022-3-DE04-KA210-YOU-000099662).

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